Harmonische
Farbspiele ohne Augenlicht
"Geboren 1925 machte er eine
Lehre als Schriftsetzer in seinem Heimatort Winterthur und interessierte sich
sehr rasch für das Kreative und die Gestaltung. Das bewog ihn dann, in den
Jahren 1948/49 Malkurse an der Kunstgewerbeschule Zürich zu besuchen, wo er
die Aquarellmalerei für sich entdeckte.
1950/51 weilte er in Florenz, wo er an
der Accademia delle Belle Arti Lektionen für Aktzeichnen, Malen und
Kunstgeschichte nahm. Es folgte noch ein Semester an der Akademie für angewandte
Kunst in Wien.
1952 siedelte er nach Lugano über. Dort
eröffnete er eine kleine Druckerei mit grafischem Atelier. Die Arbeit nahm ihn
fortan so in Anspruch, dass zum Malen wenig Zeit blieb.
Erst 1985 stellte er
seine Werke im grösseren Rahmen in einer Galerie in Lugano aus. Nebst
figurativen Landschaftsbildern und Stillleben, sowie feiner Blumenaquarelle,
waren viele farbige Kompositionen in Öl und Aquarell gehalten und meist
geometrisch oder kubistisch angeordnet.
Zum Zeitpunkt seines grössten Erfolges,
als er gerade entschied, sich fortan in seinem kleinen Atelierhaus in Curio nur
noch der Malerei zu widmen, erkrankte er an den Augen und erblindete. Nach einer
schweren Depression, begann Ernesto Weber 1987 trotz allem wieder mit dem Malen
und erlangte schliesslich internationale Anerkennung. Bis zu seinem Tod 2008
lebte er in Locarno."
Tessiner Zeitung, August 2009, anlässlich der Retrospektive in Curio
Werke nach der Erblindung (1987–2000)
Aquarelle, Oelbilder, Mischtechnik, Holzreliefs
"Das innere Licht
Medizin und Chirurgie können nicht helfen. Nun ist Ernesto Weber blind. Die ersten Monate verstreichen eintönig, es gelingt ihm nicht, die Krise zu überwinden, die nach der plötzlichen Erblindung eingetreten ist. Alles ist anders und das Zurechtfinden in der ständigen Dunkelheit schwierig. Er muss lernen, sich zu bewegen und die Hindernisse zu meistern, die er jetzt nicht mehr sehen kann. Die ersten verständlichen Misserfolge entmutigen ihn, und er gerät in einen Zustand von Apathie. Gleichzeitig vernimmt er eine innere Stimme, die ihn ermutigt, anspornt und ihm Hinweise gibt, wie er in seiner verworrenen Lage vorzugehen hat.
In den langen Wochen des Spitalaufenthaltes wird der Wunsch nach einer Beschäftigung immer stärker. Er hört von Blinden, die Erstaunliches zustande brachten und eine vollwertige Berufsarbeit ausüben.
Die Vorstellung wieder zu malen, verstärkt sich bei Ernesto Weber immer mehr. Aber wenn er mit jemandem darüber spricht, wird ihm höflich aber bestimmt davon abgeraten.
Allmählich geht aber in seinem Innern ein Licht an und er greift wieder zu Pinsel und Farben. Es ist wie ein Überlaufen eines Stausees. Alles was sich über Monate in seinem Innern angestaut hat, bricht auf.
Er entwickelt ein System, um damit Farbtuben zu kennzeichnen und lesbar zu machen. Anfänglich erhält jede Farbtube und jedes Töpfchen eine bestimmt Anzahl von Zündholzstückchen, die den Farbton für den Blinden sofort tastbar und so erkennbar zu machen.
Später, nachdem er die Blindenschrift erlernt hat, entwickelt er ein Zahlensystem. Jedem Farbton wird eine Zahl zugeordnet, was ihm erlaubt, ihn präzise zu identifizieren.
Die Bildfläche ist das Problem, denn wie soll er wissen können, an welchem Punkt auf dem Papierblatt er sich befindet? Er behilft sich zuerst wieder mit Holzstäbchen für die vertikalen und horizontalen Richtlinien und um Beziehungspunkte auf dem Papier zu bestimmen. Ernesto Weber schneidet für die Konstruktion des Bildes die erdachten Formen aus Halbkarton aus und empfindet die formale Bildgestaltung tief über den Tastsinn.
Es entsteht eine Abfolge von Bildern, und diejenigen, die diese Blätter sehen, können es nicht glauben, dass diese faszinierenden Aquarelle von einem Blinden gemalt wurden."
(Auszug aus dem Buch von Giorgio Cesconi "Ernesto Weber – vom sehenden zum blinden Maler")
Aquarelle 1987
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Allerlei, 1987 |
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Am Bach, 1987 |
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Aus der Vogelschau, 1987 |
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Blauer Block, 1987 |
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Blick ins Blaue, 1987 |
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Blumenbeet, 1987 |
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Blumenmeer, 1987 |
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Buntes Papier, 1987 |
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Buntes Treiben, 1987 |
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Das Lied der Nachtigall, 1987 |
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Der Kelch, 1987 |
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Der rote Stuhl, 1987 |
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Die Felsen, 1987 |
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Die Höhle, 1987 |
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Eisbedeckt, 1987 |
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Mutter Erde, 1987 |
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Farben durchs Gitter, 1987 |
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Freude, 1987, Aquarell, 25x19 cm |
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Geheimnis, 1987 |
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Geheimnisvoll, 1987 |
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Geistwesen, 1987 |
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Geldregen, 1987 |
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Gewitter, 1987 |
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Wolken am Himmel, 1987 |
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Tiere an der Futterkrippe, 1987 |
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Kirchenfenster, 1987 |
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Herbst, 1987, Aquarell, 32x25 cm |
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Im Himmel, 1987 |
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Im Brennofen, 1987 |
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Mein Garten, 1987 |
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Im Regenwald, 1987 |
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Jakobsleiter, 1987 |
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Kerzen am Adventskanz, 1987 |
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Kristallhöhle, 1987 |
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Lebensfreude, 1987 |
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Leichte Strenge, 1987 |
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Lichterglühen, 1987 |
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Mann im Mond, 1987 |
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Alte Mauer, 1987 |
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Wirbel mit Gold, 1987 |
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Mondschein, 1987 |
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Quellgrund, 1987 |
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Rote Mitte, 1987 |
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Auf dem Rummelplatz, 1987 |
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Tanzendes Blau, 1987 |
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Blaue Wolken über Europa, 1987 |
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Zerbrechliches Eis, 1987 |
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Waldgeister, 1987 |
Holzreliefs 1988
"In der Sozialrehabilitation in Basel bekommt Ernesto Weber eine gründliche Ausbildung, die ihn trotz seiner Behinderung immer selbständiger werden lässt. Während des Werkunterrichts und in seiner Freizeit nach der Schule setzt er seine schöpferische Arbeit fort.
Er beginnt Holzreliefs herzustellen. In einer Schreinerei sammelt er Holzstücke, die er zu einem Bild gestaltet und vielschichtig übermalt, oftmals mit mehr als zehn Farbschichten, um Farbtöne mit geheimnisvollen Effekten zu erreichen. Es gelingt ihm sogar, die Formen selbst aus Holz auszusägen, unter Verwendung einer elektrischen Bandsäge.
Abends nach den Schulstunden arbeitet Ernesto Weber unablässig an seinen Reliefs und Aquarellen, so dass sich im Laufe der Monate immer mehr Werke ansammeln. Als die Lehrerschaft gewahr wird, was entstanden ist, zeigt sich die spontane Bereitschaft, eine Ausstellung über Webers Schaffen nach der Erblindung in die Wege zu leiten.
Im Mai 1988 findet in Aesch BL eine Ausstellung mit über achtzig Werken des erblindeten Malers statt. Die Ausstellung wird ein grosser Erfolg und eröffnet dem Maler neue Möglichkeiten, so dass er im Herbst in Basel und Zürich zwei neue persönliche Ausstellungen durchführen kann."
(Auszug aus dem Buch von Giorgio Cesconi "Ernesto Weber – vom sehenden zum blinden Maler")
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Auch Blinde sehen, 1988, Holzrelief |
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Dialog, 1988, Holzrelief |
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Schlichtes Kreuz, 1988, Holzrelief |
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Grüne Landschaft, 1988 |
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Im Wartezimmer, 1988, Holzrelief |
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Organisches, 1988, Holzrelief |
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Rote und grüne Kreise, 1988, Holzrelief |
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Ruhe, 1988, Holzrelief |
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Ruhendes Zentrum, 1988, Holzrelief |
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Saiten, 1988, Holzrelief |
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Altstadt, 1988, Holzrelief |
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Farbige Geometrie, 188, Holzrelief, 45x53 cm |
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Farbiger Klang, 1988, Holzrelief, 45x42 cm |
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Lichtscherben, 1988, Holzrelief, 50x60 cm |
Aquarelle ab 1988
"... Das Mystische, das in den Werken von Ernesto Weber mit lebt, ist für viele nicht nur faszinierend, sondern auch unheimlich. Es ist eine Begegnung mit einer anderen Welt, mit einem Schicksal, das Menschliches und Künstlerisches aus der Dunkelheit heraus zusammenfliessen lässt. Eine ungewohnte Begegnung. Gleichzeitig aber auch eine prägende. Und eine, die Mut macht."
(Auszug aus Tages Anzeiger Zürich, 24.12.1988)
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Aquarell 1, 1988 |
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Atemholen, 1988, Aquarell |
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Blumen, 1988, Aquarell |
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Blühender Mohn, 1988, Aquarell |
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Evolution, 1988, Aquarell |
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Grenzenlos, 1988, Aquarell |
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Heller Klang, 1988, Aquarell |
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Inselwelt, 1988, Aquarell |
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Kalte Stadt, 1988, Aquarell |
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Körperhaftes, 1988, Aquarell |
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Lebensfreude, 1988, Aquarell |
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Lichter in der Nacht, 1988, Aquarell |
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Märchenreigen, 1988, Aquarell |
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Quo Vadis?, 1988, Aquarell |
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Reflexe, 1988, Aquarell |
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Sommermorgen, 1988, Aquarell |
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Über dem Wasser, 1988, Aquarell |
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Unter der Brücke, 1988, Aquarell |
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Verglühen, 1988, Aquarell |
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Versprühendes, 1988, Aquarell |
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Verzauberung, 1988, Aquarell |
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Warmer Tag, 1988, Aquarell |
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Werden, 1988, Aquarell |
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Crescendo, 1988, Aquarell, 36x27 cm |
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Das Auge, 1988, Aquarell |
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Freude, 1988, Aquarell |
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Melancholie, 1988, Aquarell, 40x31 cm |
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Unbeschwert, 1988, Aquarell, 38x30 cm |
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Malerfreude, 1988, Aquarell, 36x27 cm |
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Winterzauber, 1990, Aquarell, 35x47 cm |
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Traumland, 1990, Aquarell |
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Behütet, 1990, Aquarell |
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Tirrenia, 1993, Aquarell |
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Farbpalette, 1991, Aquarell |
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Am Lukmanier, 1992, Aquarell |
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Schön ist die Jugend, 1996, Aquarell, 40x27 cm |
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Lebensfülle, 1999 |
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Gestrichen, 1999 |
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Das Licht, 1999, Aquarell, 57x28 cm |
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Starke Farben, 2000, Aquarell
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